Pressemitteilungen 2008 von Dr. Thomas Ulmer MdEP
Arme im Abseits, Abseitsfalle oder Fehlentscheidung?
Armutsberichte haben Hochkonjunktur. Schließlich lässt sich die Schlagzeile "Jeder Vierte in Deutschland ist von Armut betroffen" auch überall sehr gut vermarkten. Auch Politiker der Linken wissen den "Marktwert" dieser Schlagzeile zu schätzen. Jeder Vierte ist arm, jeden kann es treffen, niemand ist davor geschützt, schon Morgen kann auch Dich die Armut treffen.
Mit dieser Angst schürt die Linke die Debatte um unseren Sozialstaat. Aber auch Politiker anderer Parteien übertreffen sich in diesen Tagen bald täglich mit guten Vorschlägen, wie dem armen Volk Gutes getan werden könnte.
Mehr Umverteilung - so lautet die Reflexantwort vieler Politiker. Schließlich sind vermeintliche Geldgeschenke immer beliebt. Dass die Zahlen des Armutsberichts den Zustand des Landes im Jahr 2005 spiegeln, als die Arbeitslosigkeit - das größte Armutsrisiko - auf ihrem höchsten Stand war, stört die Umverteiler wenig.
Allein die Langzeitarbeitslosigkeit ist in den vergangenen Jahren von 3 Millionen auf 2,3 Millionen zurückgegangen. Insgesamt offerieren die Unternehmen heute 1,4 Millionen Arbeitsplätze mehr als damals. Das hat Auswirkungen auf das Armutsrisiko. Doch der Bericht des Arbeitsministers gibt darüber keine Auskunft: Die vorliegenden Daten könnten diese Entwicklung nicht abbilden, so heißt es entschuldigend.
Die Vorschläge, mit denen die Ärmsten entlastet werden sollen sind dabei oft fraglich und auf Dauer ohnehin unbezahlbar. Der Armutsbericht wird missbraucht, um Forderungen nach Mindestlöhnen, höherem Kindergeld und der Begrenzung von Managergehältern durchzuboxen.
Informativ ist dieser Bericht dennoch. Man muss ihn nur lesen: "Deutschland gehört zu den OECD-Staaten, in denen die Ungleichheit der Markteinkommen mit am stärksten durch Steuern und Sozialtransfers reduziert wird". Um 40 Prozent wird der Abstand der Einkommen durch die Umverteilung mit Abgaben und Steuern gestaucht. Geht die Schere also auf? Oder zu?
Wer den Sozialstaat finanziert, lässt der Bericht ebenfalls nicht unerwähnt: Die reichsten 10 Prozent der Einkommenssteuerpflichtigen tragen zu über 52 Prozent des gesamten Einkommenssteueraufkommens bei, die unteren 50 Prozent zu knapp über 6 Prozent. Es gibt die Reichensteuer schon längst. Sie heißt nur anders.
Und was wollte eigentlich Ludwig Erhard, der Vater der Sozialen Marktwirtschaft? "Markt" bedeutet die Regelung der Wirtschaftsmechanismen durch Angebot und Nachfrage, durch das "Soziale" sollten die Bürger vor lebensbedrohlichen Härten geschützt werden. Nicht mehr und nicht weniger.
Die Linke feiert Erfolge. Der gelungene Einzug in die Landtage von Niedersachsen, Hessen und Hamburg scheint ihnen Recht zu geben. Aber diese Politik ist gefährlich, hat keine Basis und führt ganz sicher nicht zu mehr Gerechtigkeit. Nach einer parteiinternen Studie zweifeln auch viele Wähler der Linkspartei an der wirtschaftspolitischen Kompetenz der Partei. Mit der Ausarbeitung eines Parteiprogramms will die Linke aber noch bis nach den Bundestagswahlen 2009 warten, da die Parteispitze die damit einhergehenden inhaltlichen Debatten bis dahin vermeiden möchte.
"Soziale Gerechtigkeit" meint heute zumeist "mehr soziale Gleichheit". Wir sollten dabei jedoch nie vergessen, dass kein Staat seinen Bürgern mehr geben kann, als er ihnen vorher abgenommen hat. Die Linkspolitik wird uns also auf Dauer nicht gleich reich, sondern nur gleich arm machen.
